Der Mythos Kennedy

John-F-Kennedy-Briefmarke-USAEs ist 50 Jahre her, dass John F. Kennedy am 22. November 1963 wĂ€hrend einer Wahlkampfveranstaltung in Dallas ermordet wurde. Der 35. PrĂ€sident der USA war nicht nur in Amerika ein HoffnungstrĂ€ger, der nach zwei Weltkriegen als symbolische Figur fĂŒr die Orientierung in eine offene und bessere Zukunft wahrgenommen wurde. Diverse und ausgeklĂŒgelte Verschwörungstheorien fragen bis heute, wer wirklich hinter dem Attentat stand. Kritisch hat man sich auch mit der Karriere Kennedys und seiner PrĂ€sidentschaft beschĂ€ftigt. Und hat dabei herausgearbeitet, dass auch hinter seiner öffentlichkeitswirksam gestalteten Fassade komplexere und unerfreulichere politische und persönliche ZusammenhĂ€nge lagen als diese glauben machte.

Amerikanischer PrĂ€sident wurde John Fitzgerald Kennedy im Jahr 1960. Er gewann knapp gegen Richard Nixon. Mit 43 Jahren war das in Massachusetts geborene, in wohlhabenden VerhĂ€ltnissen aufgewachsene Mitglied der Demokratischen Partei der jĂŒngste in das Amt gewĂ€hlte amerikanische PrĂ€sident ĂŒberhaupt. Aus einer kinderreichen Familie mit irischen Wurzeln stammend, war Kennedy zudem das erste Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten, das dem Katholischen Glauben anhing. Kennedy hatte in Harvard studiert, sich – trotz seiner schon vom Kindesalter an vor allem durch heftige RĂŒckenbeschwerden beeintrĂ€chtigten Gesundheit – im Zweiten Weltkrieg verdient gemacht und war seit 1953 Senatsmitglied gewesen.

John-F-Kennedy-Briefmarke-Irland An der Seite des PrĂ€sidenten Kennedy – der in Wahrheit zahlreiche AffĂ€ren hatte – prĂ€sentierte man in Bildern, die in ungewohnter Weise „Einblick gewĂ€hrten“, seine junge Ehefrau Jacqueline, geborene Bouvier, und auch die kleinen Kinder der beiden. In eindrĂŒcklicher Art und Weise hielt Kennedy, dem im Lauf der Zeit-was die UnterstĂŒtzung seines Wahlkampfes betrifft-auch GeschĂ€fte mit der Mafia unterstellt worden sind, Reden, die einigen Pathos bemĂŒhten und dementsprechende Reaktionen schĂŒrten.

Wichtige Ereignisse wĂ€hrend der PrĂ€sidentschaft Kennedys waren 1961 der amerikanisch angetriebene Eingriff in der „Schweinebucht“, der das Ziel verfolgte, die junge kommunistische Regierung Fidel Castros auf Kuba zu beseitigen, und der Bau der Berliner Mauer. Weiterhin kam es in Kennedys Zeit zur „Kubakrise“ von 1962, zur Intensivierung amerikanischer MilitĂ€rprĂ€senz in Vietnam und zur Entwicklung der amerikanischen BĂŒrgerrechtsbewegung.

Rudolf Gerhardt entwarf, Egon Falz stach die Gedenkmarke zu Ehrn John F. Kennedys, die motivgleich in Berlin und im Bund erschien, MiNr. 241 und 453.

Rudolf Gerhardt entwarf, Egon Falz stach die Gedenkmarke zu Ehren John F. Kennedys, die motivgleich in Berlin und im Bund erschien, MiNr. 241 und 453.

Und einige sagen – trotz einer BerĂŒcksichtigung ihrer kurzen Dauer und ihrer außen- wie innenpolitischen Rahmenbedingungen und WiderstĂ€nde – dass die Politik der Regierung Kennedys in diesen FĂ€llen problematisch, ineffektiv, zögerlich und auch gefĂ€hrlich gewesen sei. Beschwor er den Mauerbau und die bis an den Rand eines Nuklearkrieges mit der Sowjetunion fĂŒhrende „Kubakrise“ – die andererseits natĂŒrlich mit friedlichem Ausgang beendet wurde – durch das vorherige Scheitern des Castro-Sturzes mit herauf?

HĂ€tte nicht bereits Kennedy und nicht erst sein Nachfolger Lyndon B. Johnson Gesetze zur Gleichberechtigung der afroamerikanischen Bevölkerung entschiedener durchsetzen, und hĂ€tte Kennedy – wenngleich er dies zuletzt vorhatte – nicht weitsichtig entschlossene Strategien der Distanzwahrung und des RĂŒckzuges in Vietnam einschlagen sollen?

John-F-Kennedy-Briefmarke-Irland2John F. Kennedy starb, eine halbe Stunde nachdem ihn zwei SchĂŒsse getroffen hatten. Kurz darauf wurde Lee Harvey Oswald als TatverdĂ€chtiger festgenommen. Und zwei Tage spĂ€ter wurde dieser selbst Opfer eines Attentats. Er wurde von einem Mann namens Jack Ruby erschossen, einem in Dallas ansĂ€ssigen Besitzer eines Nachtclubs, der Kontakte mit Kreisen des organisierten Verbrechens unterhielt. Und so konnte es zu weiteren gerichtlichen Befragungen Oswalds nicht mehr kommen. Eine unter der Ägide des neuen PrĂ€sident Johnsons vorgenommene Untersuchung erklĂ€rte ihn bald zum alleinigen, kommunistisch gesinnten, fanatischen TĂ€ter. Aber ebenfalls schnell entwickelten sich auch andere Theorien. Sie behandelten Fragen danach, ob weitere SchĂŒsse aus einer anderen Richtung als von Oswald wahrscheinlicher Position aus abgefeuert wurden und ob das Attentat von der Mafia, von CIA und FBI oder gar im Auftrag Fidel Castros verĂŒbt wurde.

Nicht nur die UmstĂ€nde seines Todes, auch Kennedys Privatleben und die an Tragödien und Skandalen reiche Geschichte der ganzen (Politiker-) Familie Kennedy, dem „Kennedy-Clan“, sind im Besonderen in Amerika fortwĂ€hrender Gegenstand unterschiedlicher Formen – u.a. BĂŒcher, Filme und Musik – kultureller Reflexion und Bearbeitung. Ähnlich verhĂ€lt es sich mit dem Leben von Kennedys Ehefrau, die spĂ€ter den wohlhabenden griechischen Reeder Aristoteles Onassis heiratete und in öffentlicher Rede zu „Jackie O.“ wurde.

Raymond-Loewy-John-F-Kennedy-Briefmarke-1964

Der bekannte Designer Raymond Loewy entwarf die Gedenkmarke fĂŒr John F. Kennedy 1964

Der sorgsam inszenierte „schöne Schein“ des PrĂ€sidenten John F. Kennedy und die mit ihm verbundenen politischen und kulturellen Erwartungen wurden durch – in Fernsehbildern wiedergegebene – blutige Gewalt und Schrecken sowie durch kritische Analysen politischer und persönlicher HintergrĂŒnde erschĂŒttert. In den Jahren nach dem Tod Kennedys folgten zudem bald weitere fatale Attentate auf seinen Bruder Robert und Martin Luther King, der Krieg in Vietnam nahm immer schrecklichere Dimensionen an, und auch der Watergate-Skandal um Richard Nixons Republikaner mehrte in den USA Zweifel an politischer und kultureller IntegritĂ€t. Dass ein bemerkenswert „intakter“ regelrechter „Mythos Kennedy“ jedoch weiterhin besteht, zeigt nicht zuletzt die Beliebtheit eines der berĂŒhmtesten amerikanischen PrĂ€sidenten auch 50 Jahre nach seinem Tod.

Authored by: Marius Prill

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