König der Graveure – der polnische Markenstecher Czesław Słania

König der Graveure – der polnische Markenstecher Czesław Słania

Es gibt Motiv- und auch thematische Sammlungen, in deren Mittelpunkt ein einziger allerdings namhafter Graveur steht. Er wurde am 22. Oktober 1921 in dem kleinen polnischen Bergarbeiterstädtchen Czeladź geboren, die Fachwelt begeht also seinen 100. Geburtstag. Sein Name: Czesław Słania. Er stand im Guiness-Buch der Rekorde als jener Experte, der weltweit die meisten Briefmarken schuf – mehr als 1000. Słania trug die Titel Hofgraveur des schwedischen und des dänischen Königshauses sowie des Fürstentums Monaco.

Zum 100. von Słania liegen bis jetzt Markenausgaben aus seinem Heimatland Polen, aus Monaco und eine Mini-Block-Gemeinschaftsausgabe aus den Färöern, Dänemark und Grönland mit seinem Porträt als Grundmotiv vor. Schweden kündigte einen Block für den 22. Oktober an.

Links: Sondermarke der UNO Wien von 1986 (MiNr. 61). Rechts: Zum 100. Geburtstag des Meistergraveurs: Monacos Sondermarke (MiNr. 3545).

Erste Arbeiten als Student

Schon als Kind zeigte Słania seine zeichnerische Begabung, und ab 1947 studierte er an der angesehenen Kunstakademie von Krakau. Noch während des Studiums bot ihm die polnische Staatsdruckerei einen Job an. 1951 erschien die erste von ihm gestochene Briefmarke. Versierte Briefmarkenstecher wurden in früheren Jahrzehnten weitaus mehr als in unserer Zeit für die Ausgaben in Stichtiefdruck benötigt. Beim recht alten Kupferstich überträgt der Graveur die Zeichnung auf eine Kupferplatte, beim Stahlstich entsprechend auf eine Stahlplatte. Bevorzugt wird dieses im Vergleich zum Offsetdruck kostspielige Verfahren für hohe Nominale oder für Motive, die eine detailgetreue Ausarbeitung aller Einzelheiten erfordern. Auf diesem Gebiet war Słania ein in aller Welt anerkannter Meister. Er war künstlerisch begabt, lieferte zuweilen auch Entwürfe, und stand handwerklich auf höchstem Niveau.

In den ersten Jahren seiner beruflichen Tätigkeit wurde er für die Ausgaben des kommunistisch geprägten Polens eingespannt. Er gravierte zum Beispiel Porträts des Präsidenten Bierut und Propaganda-Ausgaben für die sozialistische Planwirtschaft.

Die wohl prächtigste Ehrung für den Meistergraveur schuf er selbst: die schwedische Ausgabe (MiNr. Bl. 15) mit der 1000. von Czesław Słania gestochenen Marke. Sie stellt das Gemälde „Ruhmreiche Heldentaten schwedischer Könige“ aus dem Schloss Drottningholm vor.

Bei der Post Schwedens

Unzufrieden mit den Verhältnissen in seiner kommunistischen Heimat Polen ging der Markenschöpfer im Alter von 35 Jahren nach Schweden, wo er seine zweite Heimat fand. Vier Jahrzehnte lang gravierte er Marken für die schwedische Post. Möglicherweise wählte er dieses Land, weil hier schon seit den 1920er-Jahren prachtvolle und auch umfangreiche Markensätze im Stichtiefdruck Tradition hatten. Man denke nur an die Ausgaben zum Weltpostkongress in Stockholm 1924, zum 50-jährigen Bestehen des Weltpostvereins, zum 300. Geburtstag der schwedischen Post 1936 und für die schwedischen Auswanderer in den USA. Also stieg er hier ab Ende der 1950er-Jahre in die Produktion hochwertiger Marken im Stichtiefdruck ein.

Słania wies nach, dass er alle Bereiche bedienen kann. Er stach Könige, Fürsten und Filmdivas mit der gleichen Sorgfalt wie Landschaften und Tiermotive. Die Motivvielfalt „macht die Arbeit des Graveurs sehr spannend“, meinte er. Ihm war es auch lieb, wenn ein Markenmotiv viele Details aufwies. „Das“, so sagte er, „macht dann meine Arbeit wunderbar kompliziert.“ Die wohl eindrucksvollste schwedische Ausgabe aus Słanias geschickten Händen ist die Blockausgabe aus dem Jahr 2000 mit der 1000. von ihm gestochenen Marke nach dem Gemälde „Ruhmreiche Heldentaten schwedischer Könige“ aus dem 17. Jahrhundert. Die Marke im Block soll mit 60 mal 81 Millimetern die größte jemals im Stichtiefdruck hergestellte sein.

Die Hommage der schwedischen Post zum 70. Geburtstag (MiNr. 1688/90) stach Słania selbst nach einem Gemälde zur Krönung Gustavs III.

Auch die anderen skandinavischen Länder boten ihm viele Aufträge an. So war er maßgeblich an der Produktion der ersten Freimarken von Färöer nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt, die im Januar 1975 erschienen. Er stach sowohl die alten Landkarten als auch die Landschaften im Stichtiefdruck. Über Jahrzehnte wirkte er bei der Produktion herrlicher Markenausgaben der Inseln wie den Landschaften nach den Gemälden von Edward Dayes (1985), den Bildern von der Insel Hestur (1987) oder dem dreiwertigen Satz „Leben auf den Färöern um 1900“, der 1995 an die Schalter kam. Für die dänische Post wirkte er ab Anfang der 1960er-Jahre intensiv als Markenschöpfer. Er schuf die Porträts von Niels Bohr (1963), die Marken aus der Serie „Natur- und Denkmalschutz“ in den 1960ern, die Baukunst-Marken (1972), die sehenswerten Blocks zu den Hafnia-Ausstellungen in Kopenhagen und vieles mehr.

Heimliche Selbstporträts

Ebenso ist auf vielen grönländischen Marken rechts unter dem Motiv sein Name als Graveur zu finden. Zum ersten Mal kam der Pole bei der Dauerserie ab 1963 mit dem Nordlicht, König Frederik IX. und dem Eisenbären groß zum Zuge. Des Weiteren stach er zahlreiche der bei der grönländischen Post üblichen Einzelmarken mit der Darstellung von Landschaften und Tieren. Auch die Gravur der Freimarken mit dem Porträt von Königin Margarethe II. wurde in seine Hände gelegt ebenso wie die späteren Ausgaben im Hochformat.

Nachhaltig hat sich der polnische Künstler auch bei den Markenausgaben Monacos in Szene gesetzt. Ob ehemalige oder aktuelle Fürsten, sie alle stach Słania. Auch Grace Kelly, eine Gemeinschaftsausgabe mit den USA, ließ er nicht aus. Deutschlandsammler begegnen Słania in der Sondermarke für Alfred Nobel 1995, die parallel zur schwedischen Ausgabe erschien.

Insgesamt gravierte Słania Dauer-, Sonder- und Steuermarken für mehr als 30 Länder. Neben den europäischen Staaten arbeitete er auch für die Postverwaltungen von Australien, Neuseeland, Hongkong, Singapur, Thailand, der UN und den USA. In rund einem Dutzend Ländern kursier(t)en Banknoten, für die er die Gravur lieferte.

Angabe des Graveurs im unteren rechten Teil von Marken aus ­Polen und der UN.

In einigen Sammlungen, die speziell Słania-Marken gewidmet sind, wird mit Beispielen darauf verwiesen, dass sich der Künstler bei seinen Entwürfen und Gravuren zuweilen selbst oder auch Mitglieder seiner Familie mit „einband“. So ist ein winzig kleines Selbstporträt auf der schwedischen Marke „Wasalauf“ von 1973 (MiNr. 794) zu sehen. Auf dem Motiv „Kartoffellegen“ aus dem Satz „Nordisches Museum“ (MiNr. 817) stellte er seine Mutter dar. Die meisten der jetzt zum 100. Geburtstag emittierten Marken und Blocks zeigen ein Porträt des Künstlers. Aussagekräftiger aber ist jene Marke, die 1986 durch die UNO-Postverwaltungen in Wien (MiNr. 61) und New York (MiNr. 496) erschien. Es zeigt den Geehrten auf einer Marke des Satzes „Briefmarkensammeln – ein internationales Hobby“ bei konzentrierter Arbeit.

Auch die französische Marke von 1966 zum Tag der Briefmarke (MiNr. 1540) und der Norwegen-Block von 1991 (MiNr. 1070/73) sind aussagestark. Sie zeigen die Arbeit und das Handwerkszeug eines Graveurs.

Letztes Werk: 60 Jahre UNO

Es erhebt sich natürlich die Frage, wie man die von Słania gravierten Marken erkennen kann. Glücklicherweise gibt es einige Länder, die rechts unter dem Markenbild den Namen des jeweiligen Graveurs beim entsprechenden Druckverfahren angeben. Hier kann der Betrachter (meist nur mit Lupe) den Hinweis CZ. SŁANIA, Czesław SŁANIA oder SŁANIA entdecken. Das machen übrigens die Länder, für die er auch die meisten seiner Gravuren lieferte: Schweden, Dänemark, Grönland, Färöer, Monaco. Auch die Erstlingswerke für die polnische Post ab 1951 sind so gekennzeichnet. Zudem gibt es Spezialkataloge, wie den dänischen AFA, die bei der Markenbeschreibung den Namen des Graveurs mit angeben.

Słania arbeitete faktisch bis zum Lebensende. Seine letzten Marken gravierte er für die UNO-Post in New York, Genf und Wien zum 60. Jahrestag der Generalversammlung. Die Marken erschienen im Februar 2005, wenige Wochen vor seinem Tode am 17. März des gleichen Jahres. Begraben ist er in Krakau, wo einst seine künstlerische Laufbahn begann.

Autor: Walter Köcher

 

Weitergehende Informationen:

  • www.czeslawsłania.org
  • www.słaniastamps-heindorffhus.com
  • „Lennart Bernadotte präsentiert das Lebenswerk von Czesław Słania“, Verlag: Mainauverwaltung, Ringbuch mit Folienumschlag und zahlreichen Abb., ISBN 3-930020-12-2

 


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Authored by: BMS-Redaktion

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