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Major Tom oder Ziggy Stardust
>>>Update vom 11. Januar 2022:
Interessante HintergrĂŒnde zur Entstehung der neuen Bowie-Briefmarke, die offenbar bereits nach wenigen Stunden ausverkauft war, gibt es in einem Beitrag der Tagesschau.
Vom Drogenkonsum körperlich am Ende und kĂŒnstlerisch ausgebrannt, zog der britische Rock- und Pop-Musiker David Bowie 1976 in den Westteil Berlins. Hier wohnte er in einer Altbauwohnung in der HauptstraĂe 155 im Bezirk Schöneberg. Mit Iggy Pop, dem Paten des Punk, hatte er hier zeitweise einen berĂŒhmten Mitbewohner. Kein anderer Star der internationalen Musikszene hat Berlin so nachhaltig geprĂ€gt wie David Bowie. Hier freundete sich der androgyne KĂŒnstler unter anderem mit SzenegröĂen wie Romy Haag an.
Kampf gegen Kokain
In der Isolation der geteilten Stadt kam er vom Kokain los und nahm sein Album âHeroesâ auf. Die Hansa-Tonstudios lagen direkt am Todesstreifen. Im Titelsong singt Bowie ĂŒber eine Liebesgeschichte, SchĂŒsse an der Mauer, kalten Entzug und Delfine. âI, I wish you could swim. Like the dolphins, like dolphins can swimâ, heiĂt es in dem Lied. Schwimmen und frei sein wie Delfine. âWenigstens fĂŒr einen Tag.â
Das Cover der LP fotografierte Masayoshi Sukita. Es ist genauso berĂŒhmt wie der Song und zeigt den Berliner Bowie, den abgeschminkten einstigen Ziggy Stardust, einen Astronauten in inneren Angelegenheiten. Der Bildhintergrund ist tristgrau, die schwarze Lederjacke, die der damals 30-JĂ€hrige trĂ€gt, ist geliehen. Keine marsrote Punkfrisur, keine Verkleidung, kein Make-Up. Bowie besaĂ einen sicheren Instinkt dafĂŒr, die richtigen Leute mit dem Design seiner Album-Cover und mit seiner PR zu beauftragen.
Bowie blieb bis 1978. In dieser Zeit entstanden auĂerdem die Alben âLowâ und âLodgerâ, die mit âHeroesâ als âBerlin Trilogieâ in die Musikgeschichte eingingen. 1978 erschien der Tatsachenroman âChristiane F. â Wir Kinder vom Bahnhof Zooâ und bald darauf auch die Verfilmung der tragischen Geschichte einer jungen Berliner DrogensĂŒchtigen, zu der Bowie den Soundtrack beigesteuert hatte.
Bowie kam immer wieder gerne in seine einstige Wahlheimat zurĂŒck. Sein Konzert im Sommer 1987 vor dem Reichstag war ein GroĂereignis in der geteilten Stadt, wo er als âEhrenberlinerâ empfangen wurde. Sein letzter Auftritt in Berlin ĂŒberhaupt fand im Rahmen der âRealityâ-Tour am 3. November 2003 in der Max-Schmeling-Halle statt.
Die letzte Dekade seines Lebens verbrachte er zurĂŒckgezogen und meldete sich erst 2013 mit seinem vorletzten Album âThe Next Dayâ zurĂŒck. Darauf reflektierte er in dem Song âWhere Are We Nowâ seine Berliner Zeit. Bowie hat sein Image und seinen Sound immer wieder neu justiert, weil er anscheinend keine Angst vor VerĂ€nderungen und vor der Zukunft hatte. Die Vergangenheit und das Erreichte schienen fĂŒr Bowie irrelevant zu sein. Diese Haltung drĂŒckte besonders das Cover des Albums âThe Next Dayâ aus. Er verwendete dafĂŒr das 36 Jahre alte âHeroesâ-Foto erneut, deckte es jedoch mit einem weiĂen Quadrat fast vollstĂ€ndig ab. Den alten Albumtitel strich er durch. Ein alter Held wollte er wohl nicht sein.
Lebenswerk
2014 fand im Martin-Gropius-Bau die spektakulĂ€re Ausstellung âDavid Bowieâ zu seinem Leben und Werk statt. Darin wurde der Aspekt seiner Berliner Zeit besonders intensiv herausgearbeitet. Man sah viele Artefakte aus der Ăra, die vielleicht die glĂŒcklichste Zeit seines Lebens war, darunter auch Bowies Berliner HaustĂŒrschlĂŒssel.
David Bowie starb am 10. Januar 2016 in New York an Leberkrebs, zwei Tage nach seinem 69. Geburtstag und der Veröffentlichung des Albums âBlackstarâ. In Berlin-Schöneberg versammelten sich Hunderte trauernde Fans vor seinem ehemaligen Wohnhaus und legten Blumen, Fotos und Kerzen nieder.
Als der Berliner Radiosender âradioeinsâ im Sommer 2017 nach den 100 wichtigsten Berlin-Songs aller Zeiten suchte, wĂ€hlte die Jury âHeroesâ auf Platz 1.
Ziggy is back
Im Herbst 2017 reiste ein fremd wirkendes Wesen in die Berliner Filiale des Wachsfigurenkabinett-Imperiums bei Madame Tussauds. Ziggy Stardust war gelandet. Nicht fĂŒr jeden Bowie-Fan ein Muss, aber die einzige Gelegenheit fĂŒr ein Selfie mit dem Mann, der vom Himmel fiel. 2018 wurde eine offizielle Gedenktafel an seinem ehemaligen Wohnhaus in der HauptstraĂe 155 enthĂŒllt.
Geboren am 8. Januar 1947 als David Robert Jones in London, war der Musiker, SÀnger, Produzent und Schauspieler David Bowie seit 1967 in seiner fast 50 Jahre dauernden Karriere mit 26 Studioalben und rund 140 Millionen verkauften TontrÀgern einer der einflussreichsten Musiker der Rock- und Popmusik. Grund genug, dem Wahl-Berliner auf Zeit am 3. Januar 2022 eine deutsche Sonderbriefmarke zum 75. Geburtstag zu widmen.
Wilfried Lerchstein
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