Versuche über das „Unterwegs sein“

Michel de Montaigne auf französischer Briefmarke von 1943„Ich wurde geboren zwischen 11 und 12 Uhr mittags am letzten Tag des Februar 1533. Wenn ich von vielen Lastern frei bin, so danke ich es mehr als meiner Vernunft dem Glück“, wusste der französische Schriftsteller und Philosoph Michel de Montaigne über seinen Geburtstag auf dem Schloss der Familie, der sich heute zum 480. Male jährt, zu berichten. Montaigne, das Kind reicher Eltern, bekommt bereits im zarten Alter von drei Jahren einen deutschen Hauslehrer, der mit ihm nur auf Latein spricht, sodass Latein, statt Französisch, fast so etwas wie seine Muttersprache wird. Seine profunden Lateinkenntnisse kommen ihm natürlich zugute, als er eine humanistische Schulbildung erhält, Altgriechisch kommt noch dazu, und im Alter von 13 Jahren beginnt er ein Studium der Rechtswissenschaften, welches er mit 19 Jahren abschließt. Ab 1554 arbeitet er als Gerichtsrat und zieht sich 1571, mit 38 Jahren, aus seinen Ämtern als Privatmann auf sein Familienschloss zurück.

Michel de Montaigne auf französischer Briefmarke von 1943Hier verfasst er sein Hauptwerk, die „essais“, in denen er versucht, auf der Grundlage klassischer antiker Zitate eigene Überlegungen zu den drängenden Fragen seiner Zeit anzustellen. Montaigne: „Ich schildere nicht das Sein, ich schildere das Unterwegs sein.“ Die drei Bände seiner „essais“  sind überaus erfolgreich und werden schnell immer wieder nachgedruckt – und von der katholischen Kirche schließlich auf den Index gesetzt. Montaigne, einer der geistreichsten und einflussreichsten Schriftsteller Frankreichs, der mit seinem Hauptwerk die literarische Gattung des „Essays“ begründet hat, stirbt am 13. September 1592 mit 59 Jahren auf seinem Schloss. Sein berühmtes Motto „Que sais-je“ (Was weiß ich?“) illustriert trefflich seine skeptische Einschätzung des menschlichen Erkenntnisvermögens. „Dass ein solcher Mensch geschrieben hat, dadurch ist wahrlich die Lust auf dieser Erde zu leben vermehrt worden“, rühmte ihn Friedrich Nietzsche.

Authored by: Udo Angerstein

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