Als der europäische Jazz erwachte
Jean Baptiste Reinhardt, geboren am 23. Januar 1910 im belgischen Dörfchen Liberchies, war ein Manouche, das sind die in Frankreich und den umliegenden Ländern lebenden Sinti. Seine Eltern, umherreisende Komödianten, nannten ihn „Django“, was so viel wie „Ich erwache“ bedeutet. Seine Kindheit verlebte Django Reinhardt in ständig wechselnden Camps, bis sich die Familie nach dem Ersten Weltkrieg in einer Wohnwagensiedlungen außerhalb von Paris niederließ. Für Musik interessierte der Junge sich früh und lernte zunächst das Violinespielen, bis ein Nachbar dem Zwölfjährigen ein sechssaitiges Banjo schenkte. Alleine durch die Beobachtung anderer Musiker erlernte der Junge das Gitarre spielen und das mit derart erstaunlicher Fingerfertigkeit, dass er schon bald gemeinsam mit einem bekannten Akkordeonspieler in kleineren Clubs auftreten konnte und mit seiner Musik seinen Lebensunterhalt verdienen konnte.
Django Reinhardt spielte bald mit zahlreichen Bands und erste Schallplatten wurden aufgenommen. Im Herbst 1928 dann schien ihn das Schicksal aus der Bahn werfen zu wollen: Sein Wohnwagen geriet in Brand, das Unglück überlebte er zwar, doch wurde seine linke Hand so schwer verletzt, dass sein kleiner Finger und der Ringfinger verkrüppelt blieben. Reinhardt musste also eine neue Technik entwickeln: Zeige- und Mittelfinger übernahmen das Solospiel, für Akkorde konnte er , wenn auch stark eingeschränkt, die anderen Finger inklusive des Daumens zu Hilfe nehmen.
Im Jahr 1934 lernte er den Geiger Stephane Grappelli kennen, mit dem zusammen er das „Quintette du Hot Club de France“ gründete. Das swingende Quintett wurde ein sensationeller Erfolg und entwickelte sich schnell zur bekanntesten Gruppe des europäischen Jazz, die ausgiebig durch Europa tourte, bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs entstanden an die 200 Schallplattenaufnahmen. Die deutsche Besatzung überstand Django Reinhardt unbeschadet in Paris, hielt sich aber von der Öffentlichkeit fern. 1946 tourte er zusammen mit dem Duke Ellington Orchestra durch die USA, später begann er sich vom Swing aus in Richtung Bebop zu orientieren. Doch bevor seine Karriere zu einem zweiten Höhenflug ansetzen konnte, ist Django Reinhardt im Alter von 43 Jahren am 16. Mai 1953 an einem Schlaganfall gestorben. Wie kein anderer hat der legendäre Gitarrist durch sein unnachahmliches Spiel dem europäischen Jazz eine eigenständige Stimme verliehen.