Billet de port payé

Zum Tag der Briefmarke 1944 erinnerte Frankreich an die Pariser Stadtpost, MiNr. 672 (Abb. Schwaneberger Verlag).

Zum Tag der Briefmarke 1944 erinnerte Frankreich an die Pariser Stadtpost, MiNr. 672 (Abb. Schwaneberger Verlag).

In Museen und Ausstellungen entdeckt man mitunter ein seltsames Gefährt. Einen Dampfwagen, den Nicholas Joseph Cugnot 1769 konstruiert hatte. Er fuhr von selbst, kann also als Vorläufer des Automobils eingestuft werden. Doch ließ er sich kaum lenken, war für den Alltagseinsatz somit ungeeignet. Zu Recht gilt er nicht als erstes Automobil weltweit. Da er über eine Dampfmaschine verfügte, sieht ihn mancher zudem als Vorläufer der Dampflokomotive.
Ähnliche Zuordnungen erleben wir mitunter in der Postgeschichte. Bekanntlich erschien 1840 in Großbritannien die erste Briefmarke der Welt. Bereits zuvor gab es Ganzsachen, die legendären Faltbriefe mit dem Sardinischen Postreiter im Wertstempel. Die Idee war dieselbe: Der Absender sollte das Briefporto im Voraus bezahlen. Die italienischen Ganzsachen stellen somit in gewisser Weise Vorläufer der Briefmarken dar. Postalisch haben sie aber einen deutlich anderen Charakter.
Die Faltbriefe aus Sardinien hatten mindestens einen Vorläufer. Bereits ab 8. August 1653 verkaufte der von Jean-Jaques Renouard geleitete staatliche Stadtpostdienst von Paris streifbandähnliche Papiere, die auf einer Sendung zu befestigen waren. Die „Billets de port payé“ wurden zu einem Sou verkauft, dem Porto für einen Ortsbrief. Um Briefmarken handelte es sich nicht, da der Absender auf den Papierstreifen die Anschrift des Empfängers eintragen musste. Ein ähnliches Verfahren kennen wir heute von den Paketmarken der Deutschen Post.
Der Postbeamte entfernte das Billet de port payé vor der Zustellung der Sendung. Wahrscheinlich blieben deswegen keine Stücke der Nachwelt erhalten. Doch vielleicht schlummern in Archiven noch unentdeckte Papierstreifen; die Archive prüfen bekanntlich zumeist den Inhalt einer Sendung, ohne der postalischen Behandlung größere Aufmerksamkeit zu schenken. Somit besteht eine gewisse Hoffnung, dass einmal ein philatelistisch versierter Historiker bei Forschungen auf einen Beleg mit einem Billet de port payé stößt.
Der Dienst hielt sich übrigens nur wenige Jahre. Da er sich nicht rentierte, schaffte die Pariser Post ihn wieder ab. Erhalten blieben dagegen die eigens auf öffentlichen Straßen aufgestellten Briefkästen. Sie schluckten fortan Sendungen, deren Porto der Empfänger zu berappen hatte – bis nach 1840 der Siegeszug der Briefmarke begann.

Authored by: Torsten Berndt

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