Ein Staatschef im religiösen Gewand
Nachdem er 1950 zum Erzbischof von Zypern gewählt worden war, vertrat Myriarthes Michael Christodoulos Mouskos nicht nur die Lehren des Orthodoxen Christentums. Er verfolgte auch politische Ziele. Große Ziele, die ihn selbst in ein weiteres, weltliches Amt bringen und seine Heimat Zypern in fortdauernde Unruhe versetzen sollten.
Seinen ursprünglichen Namen hatte der neue Würdenträger am Tag seiner Wahl, dem 20. Oktober 1950, aber schon lange abgelegt. Im Alter von 24 Jahren, als gerade geweihter Priester, hatte er sich einen neuen gegeben: Makarios, „der Selige“. Dass der vor 100 Jahren, am 13. August 1913, geborene Bauernsohn überhaupt in Athen hatte Theologie studieren können, war dadurch zustande gekommen, dass er mit 13 Jahren in das Kloster Kykkos aufgenommen worden war. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Makarios seit 1946 dann aufgrund eines Stipendiums sogar noch weiteren Studien an der Universität in Boston nachgehen können, bevor man ihn in der fernen Heimat 1948 zum Bischof von Kition wählte. Nicht lange danach starb Erzbischof Makarios II.
In seiner neuen Position oblag es Makarios III. nach 1950, als Ethnarch die politischen Interessen der griechischen Zyprer zu artikulieren. Er artikulierte sie eindeutig und vehement: Die „Enosis“ war sein Programm. Zypern sollte zunächst aus der britischen Besatzung freigelassen werden, um sich – und das war das Hauptziel – mit Griechenland zu vereinigen.
Unter der Ägide Makarios III. wurde die politische Bewegung auf Zypern und Griechenland organisiert. Er selbst warb für die Unabhängigkeit Zyperns auf internationaler Ebene, so auch vor den Vereinigten Nationen. Zwischen Truppen der „EOKA“, der „Nationalen Organisation zypriotischer Kämpfer“, unter General Grivas und britischen Einheiten kam es zu Kampfhandlungen. Sowohl Griechenland als auch die Türkei erhoben Ansprüche auf ein eventuelles post-britisches Zypern.
Nach dem Londoner Abkommen, das eine allseitige Verständigung auf ein unabhängiges und ungeteiltes Zypern beinhaltete, war nicht ganz zehn Jahre nach seiner Wahl zum Erzbischof nicht nur tatsächlich die britische Herrschaft zu Ende. Der von den vormaligen Machthabern zwischenzeitlich noch ins politische Exil auf den Seychellen gezwungene Makarios III. war am 13. Dezember 1959 auch gewählter Präsident einer neuen zyprischen Republik.
Die Politik des einst so einseitig griechisch orientierten neuen Staatsoberhauptes führte jedoch zum Ausbau einer Spaltung der zyprischen Bevölkerung. Vor allem anvisierte innenpolitische Maßnahmen Makarios‘ im Jahr 1963 wurden als Versuche gedeutet, die durch die bisherige Verfassung geschützten Rechte sowie den politischen und sozialen Einfluss der türkisch-zyprischen Minderheit systematisch einzuschränken. Mit einem griechisch-zyprisch bewohnten Süden und türkischen Norden fand die innere Spaltung des Landes zunehmend auch einen räumlichen Ausdruck. Das türkisch protegierte „Taksim“-Programm einer offiziellen Teilung des Landes stellte unter türkischen Zyprern zudem eine populärer werdende Gegenvariante zur „Enosis“-Idee dar. Als im Jahr 1964 UN-Truppen zur Schlichtung nach Zypern entsendet wurden, herrschte dort blutiger Bürgerkrieg.
1968 hatte sich der eben wiedergewählte Makarios III. in der jüngeren Vergangenheit nicht nur angesichts internationaler Beobachtung aus pragmatischen Gründen der Wiederwahl und wegen der Sicherung eines innerzyprischen Friedens vom Ziel des Anschlusses an Griechenland distanziert. Ein Jahr zuvor war dort eine Militärdiktatur errichtet worden, die ihn weiteren Abstand von einer baldigen Umsetzung des „Enosis“-Gedankens nehmen ließ und nunmehr zum Gegner der griechischen Führung und ihrer auf Zypern gerichteten Ambitionen machte. Als sich 1974 mit der in griechischem Interesse operierenden Zyprischen Nationalgarde seine eigene Armee gegen ihn wandte, blieb dem Präsidenten Makarios nur noch die Flucht.
Auch wenn er nach wenigen Monaten des Exils seine Präsidentschaft wieder aufnehmen konnte, war die Teilung des Landes besiegelt, nachdem auch türkische Truppen nur wenige Tage nach dem Putsch vom Sommer eingefallen waren und diesem ein Ende gesetzt hatten. Berufen hatte sich die Türkei auf die 15 Jahre zuvor im Londoner Abkommen von griechischer, türkischer und britischer Seite vereinbarte Verpflichtung, eine unabhängige Republik Zypern zu wahren. Den im Zuge der Invasion besetzten Norden Zyperns sollte die türkische Armee aber nicht mehr freigeben. 1976 rief man die ausschließlich von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern aus. Verhandlungen zwischen dem ins Amt zurückgekehrten Makarios III. und dem Vertreter des türkisch-zyprischen Nordens, Rauf Denkta?, hatten schon nach 1975 auch einen geregelten Bevölkerungsaustausch zur Folge.
Makarios III. starb am 3. August 1977. Er wurde in der Nähe des Klosters Kykkos bestattet. Dort hatte sein Weg seinen Lauf genommen, der ihn als Präsident im schwarzen christlich-orthodoxen Gewand berühmt machte. Das einstige Ziel Makarios III., die „Enosis“, war nach seinem Aufstieg zu Beginn der 1950er-Jahre schon früh in weite Ferne gerückt. Stattdessen hatte seine Präsidentschaft Bürgerkrieg, Invasionen Griechenlands und der Türkei und schließlich die Teilung Zyperns gesehen.