Sondermarkenserie zum Goethe-Jahr 1949

Sondermarkenserie zum Goethe-Jahr 1949

Kurz vor Gründung der Bundesrepublik kam in der Bizone im August 1949 die dreiteilige Sondermarkenserie zum 200. Geburtstag von Johann Wolfgang von Goethe an die Schalter. Es war nur eine unter unzähligen Formen, in denen im Westen Deutschlands das Goethe-Jahr gefeiert wurde.
Nicht ganz ohne politische Absicht: bot sich doch die Gelegenheit, durch Veranstaltungen unterschiedlichster Art, Vorträge, Ausstellungen und Diskussionsrunden unmittelbar nach dem Krieg „mit dem Gedenken an einen der stärksten Repräsentanten des deutschen Denker- und Dichtertums das Erscheinungsbild Deutschlands auf internationalem Parkett zu verbessern“.
Von den vielen in Goethes Geburtsort Frankfurt geplanten Vorhaben für das Jubiläumsjahr genoss eines oberste Priorität: die Vollendung des bereits in Angriff genommenen Wiederaufbaus des Goethe-Hauses, das im Jahr 1944 zerstört worden war. Das Freie Deutsche Hochstift – es war seit 1863 Besitzer von Goethes Elternhaus – hatte durch die Währungsreform sein Stiftungskapital und die Mittel aus einem Aufbaufonds dahinschwinden sehen und litt an chronischer Geldnot.

Auf der Suche nach neuen Geldquellen regte es die Herausgabe einer Markenserie mit Zuschlag zugunsten des Wiederaufbaus an. Die Idee wurde umgehend von den zuständigen Dienststellen befürwortet. In die Quere grätschte zeitweise die Deutsche Zentrale für Fremdenverkehr, die ihren Teil von dem erwarteten Kuchen beanspruchte, aber letztlich konnte sich das Hochstift durchsetzen und bekam den Erlös allein zugesprochen.
Konkrete Vorbereitungen für die Gedenkausgabe begannen im Oktober 1948 mit der Festlegung auf drei Marken sowie deren Nominale und die Zuschläge. Ein ursprünglich ins Auge gefasstes Motiv Goethe-Haus in Frankfurt wurde später verworfen zugunsten einer einheitlichen Verwendung von bekannten Goethe-Gemälden. Der Auftrag zur Herstellung im Stichtiefdruck in einer Auflage von je 3 Millionen Stück ging im Februar 1949 an die Staatsdruckerei in Berlin; die Gesamtkosten beliefen sich auf 36 000 DM.

Tischbein im Querformat

Nach Vorlage der ersten Entwürfe fiel die Entscheidung, das berühmte Tischbein-Portrait für die 10-Pfennig-Marke im Querformat ausführen zu lassen. Gedruckt wurde im Juli/August, ausgeliefert zum 15. August, d.h. kurz vor Goethes Geburtstag am 28. August; sie wurden – nach beantragter Verlängerung der Verkaufsdauer – zum 31. August 1950 vom Schalterverkauf zurückgezogen und die erheblichen Restbestände postamtlich vernichtet.
Der erhoffte warme Geldregen für das Hochstift blieb aus: statt der errechneten 900 000 DM flossen aus den abgesetzten 670 000 kompletten Sätzen (Auflage des 30-Pf.-Wertes, gegenüber 1 050 000 für die 10 Pf. und 1 120 000 für die 20 Pf.) lediglich 265 000 DM in seine Kasse.
Das sind nur einige Zahlen und Fakten, die der Autor akribisch aus Amtsblättern, Archiven, Akten und Korrespondenzen recherchiert und in seine spannende, flüssig erzählte Darstellung eingebettet hat. Er präsentiert amtliche Schreiben und Aktenvermerke zum Vorgang, Lieferscheine, Probedrucke und Belegbogen, den Verteilerplan der Staatsdruckerei für die Sonderpostwertzeichen ebenso wie amtliche Unterlagen und nach OPDen aufgeschlüsselte Statistiken zu deren späterer Vernichtung. Zu den einzelnen Motiven liefert er das Originalgemälde und macht biografische Angaben zu den Malern.


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In die rein philatelistische Betrachtung der Ausgabe sind auch die anlassbezogenen Postwertzeichen von West-Berlin und der Französischen Zone mit einbezogen. Sie sind auf ausgefallenen Belegen zu sehen, die u.a. neben Mehrfachfrankaturen der Bizone auch Mischfrankaturen mit Goethe-Ausgaben anderer Postverwaltungen zeigen. Natürlich fehlen bei den Abbildungen auch die seltenen Ersttagsbriefe nicht, ebenso wenig wie Spendenkarten für den Wiederaufbau des Goethehauses in Frankfurt am Main, Maximumkarten oder Vignetten mit Hinweis auf die Goethe-Woche in Neustadt an der Haardt.
Ziel des Autors war es, zu der Goethe-Sondermarkenausgabe der Bizone „alles uns bisher Bekanntes [sic] im Zusammenhang … zusammenfassend darzustellen“. Zwar sei seine Arbeit „lediglich eine Momentaufnahme“ und möglicherweise durch Meldungen zu Plattenfehlern, Sonderblättern, Abarten und dergleichen zu ergänzen. Dennoch sind die geballten Informationen und Hintergründe zur Entstehung der Ausgabe eine echte Bereicherung für jeden Deutschlandsammler.

Die Sondermarkenausgabe 200. Geburtstag von Johann Wolfgang von Goethe der Bizone. Wolfgang Engels. Arbeitsgemeinschaft Alliierter Kontrollrat 1946/1948 e.V., Handbuchteil 15, 2023. Format: DIN A5, 90 S., Abb. farbig, Softcover, Klebebindung. Preis für Nichtmitglieder 13 Euro (ArGe Kontrollrat-Mitglieder 10 Euro) zzgl. 1,60 Euro Porto. Bezug: Dr. Bernd Olma, Memeler Str. 73, 81927 München, E-Mail: bernd.olma@t-online.de.

Rainer von Scharpen

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