Aus der Hamburger Postgeschichte: Was Post der Dienststellen erzählt

Aus der Hamburger Postgeschichte: Was Post der Dienststellen erzählt

Unermüdlich produziert Harald Krieg Heft auf Heft zur Hamburger Postgeschichte und findet dabei immer wieder frische Ansätze. Seine neuesten vorgestellten nicht alltäglichen Belege konzentrieren sich diesmal auf Postsachen, d.h. Sendungen einer Postdienststelle an andere Postdienststellen oder an Privatleute in einer postdienstlichen Angelegenheit. Zur Entstehung schreibt er: „Dokumente von internen Vorgängen bei der Post sind Zufallsfunde. Ich hatte das Glück, [als] die Deutsche Bundespost vor ihrer Auflösung viele Altakten einstampfen ließ, dass ich vorher noch einiges durchsehen konnte und davon Kopien gemacht habe, die ich für postgeschichtlich von Interesse hielt.“

Eine große Anzahl weiterer abgebildeter Belege wurde aus Wühlkisten gefischt oder, wegen ihres oft schlechten Zustands unbeachtet bzw. als nicht sammelwürdig betrachtet, in Nachlässen entdeckt. Zeitlich beschränkt sich der Autor auf die Jahre 1875 bis 1945. Unter dem Gesichtspunkt ihres Werts mögen die postamtlichen Belege unterschiedlichster Art – Aktenauszüge, Anfragen, Briefe, Mitteilungen, Postkarten, Veröffentlichungen und vieles mehr – wenig verlockend sein, nichtsdestoweniger gehören sie ganz wesentlich in die postgeschichtliche Gesamtdarstellung eines Ortes mit hinein. Insofern lässt sich die vorgestellte Auswahl ohne weiteres auf jede beliebige andere Heimatsammlung übertragen. Die in aller Regel in natürlicher Größe abgebildeten Dokumente verraten viel über Berufsethos, Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufe bei der Post in der Vergangenheit. So wird beispielsweise deutlich, dass Posthelfer und Telegrammbesteller oft nur tageweise beschäftigt waren und bei „Arbeitsmangel“ fristlos entlassen wurden.

„Kein Vorhängeschloß mitgebracht“

Harald-Krieg-Nicht-alltaeglichVerwunderlich, gelegentlich hart und schwer nachvollziehbar mag uns heute so manche Entscheidung erscheinen. „Dem Briefträger Behm wird zum Zweck seiner Verheiratung außerhalb Hamburgs ein achttägiger Urlaub … unter Übernahme der Stellvertretungskosten auf die Postkasse hiermit bewilligt.“ Der Postagent Schlüter hat im Jahre 1879 an die Kaiserliche Ober-Postkasse für einen verloren gegangenen Einschreibebrief 42 Mark zu entrichten. Ein Postassistent wird in ein Telegraphenamt versetzt, weil er wegen mangelnder Sorgfalt in der Bearbeitung einiger Briefe deren Fehlleitung verursacht hat. Der „Posthülfsbote“ Dahrendorf ist wegen einer unrichtigen Bestellung „verhandlungsschriftlich zur Verantwortung zu ziehen“. 1904 wird dem oben erwähnten Briefträger Behm für 19 Tage Dienstunfähigkeit wegen Nervenschwäche bescheinigt. „Der Postillion der Fahrt A II 452 – ab Hmb 37 8.13 hatte am 23. kein Vorhängeschloß mitgebracht.“ Ein Bewerber erhält 1919 die Aufforderung, „sich an einem der nächsten Tage auf Ihre Kosten durch den Postvertrauensarzt … untersuchen zu lassen. Der Bericht über das Ergebnis der Untersuchung ist nur für die Ober-Postdirektion bestimmt und kann Ihnen nicht ausgehändigt werden. Es wird besonders darauf hingewiesen, daß Sie durch die ärztliche Untersuchung keinerlei Anrecht auf Übernahme in den Postdienst erlangen.“

Des Weiteren sind in der Auswahl u. a. Bewerbungsschreiben und Ernennungsurkunden zu sehen, ein Glückwunschtelegramm zum 50-jährigen Dienstjubiläum, Einträge aus Dienstbüchern und Personalakten, Krankmeldungen, ein Verhandlungsvordruck zur Verpflichtung der Wahrung der Amtsverschwiegenheit, den ein jugendlicher Telegrammbesteller bei seiner Einstellung zu unterschreiben hatte, die Dienstverpflichtung eines Postanwärters von 1920, ein Postkarten- Einschreiben 1929 zum Verzicht der Teilnahme am Rundfunk und ein Eilauftrag zur Prüfung einer Postanschrift – mit Antwort! – vom März 1944. Die Vielfalt der Dokumente ist schlichtweg erstaunlich! Das seltenste Dokument und kaum einem Sammler bekannt dürfte das Erste Notprogramm der Deutschen Reichspost über Vereinfachung im Fach- und Verwaltungsdienst vom Juni 1940 sein, das im Gesamtumfang vorliegt und wozu der Autor gern weitere Anfragen beantwortet.

Krieg, Harald, Nicht alltäglich. Teil 4: Post von der Ober-Post Direction Hamburg und von vielen Postdienststellen. Briefe, Dokumente, Postkarten und mehr. (Studiengruppe Postgeschichte – Moderne Philatelie, Heft Nr. 32.) Harburg: Eigenverlag, 2023. Format A-4, 96 S., Abb. farbig, Softcover, gebunden. Preis 16 Euro incl. Versand. Bezug: Harald Krieg. E-Mail: h.k.Hamburg@gmx.de

Rainer von Scharpen

Titelabbildung: Rundfunkgenehmigung, ausgestellt vom Postamt HAMBURG 36 am 21.3.1945. Rundfunk war zu jener Zeit wegen der Nachrichtensendungen sehr wichtig und in Hamburg besonders auch für den Drahtfunk, den der Feind nicht abhören konnte.

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Authored by: redaktiondbz

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