Der Mann, der Hitler zum Toben brachte

Carl von Ossietzky auf Berliner Briefmarke von 1989

In „Die Weltbühne“ fand Carl von Ossietzky die Plattform für seine Gedanken. Die Berliner Gedenkmarke zu seinem 100. Geburtstag, MiNr. 851, zeigt den Titel des Blattes.

„Um für alle Zukunft beschämenden Vorgängen vorzubeugen“, so konnte man 1937 in einem im Reichgesetzblatt verkündeten „Erlaß des Führers und Reichskanzlers“ lesen, „verfüge ich mit dem heutigen Tage die Stiftung eines Deutschen Nationalpreises für Kunst und Wissenschaft. (…) Die Annahme des Nobelpreises wird damit für alle Zukunft Deutschen untersagt.“
Der „beschämende Vorgang“, weswegen eine ganze Kulturnation — großsprecherisch „für alle Zukunft“ — von der renommiertesten internationalen Auszeichnung ausgeschlossen werden sollte, war die Verleihung des Friedensnobelpreises für 1935. Dessen Träger lag zu diesem Zeitpunkt todkrank unter Gestapo-Aufsicht in einem Berliner Klinikum. Es war ein kleiner, schmächtiger, von mehrjähriger KZ-Haft körperlich völlig ruinierter Mann. Sein Name: Carl von Ossietzky.

Er wurde heute vor 125 Jahren, am 3. Oktober 1889, in Hamburg geboren. Literarisch begabt und frühzeitig politisch interessiert, schrieb er schon als junger Behördenangestellter nebenbei Zeitungsartikel. Bevor er seine Neigung zum Beruf machen konnte, musste der engagierte Pazifist, der seit 1913 mit der britischen Frauenrechtlerin Maud Lichfield-Woods verheiratet war, im Ersten Weltkrieg als Armierungssoldat dienen. Nach Kriegsende ging er nach Berlin, wo er zunächst als Sekretär der Deutschen Friedensgesellschaft arbeitete. Vorsitzender dieser bedeutenden pazifistischen Organisation war damals der Historiker Ludwig Quidde, der 1927 den Friedensnobelpreis erhielt.

Briefmarke Deutschland Friedensnobelpreistraeger Carl von Ossietzky

Die DDR-Marke aus der Serie „Für den Frieden der Welt“ von 1964 zeigt Carl von Ossietzky nach einer im KZ Esterwegen entstandenen Fotografie als Häftling Nummer 562, MiNr. 1051.

Aber der Drang zum Journalismus ließ Ossietzky nicht los. 1920 quittierte er seine Sekretärsstelle und wurde Redakteur bei verschiedenen Zeitschriften. Seine publizistische Heimat fand er schließlich 1926 bei der „Weltbühne“, die er im Jahr darauf als Herausgeber und Chefredakteur übernahm. Diese kleinen roten Hefte, 1905 von Siegfried Jacobssohn als Theater- und Literaturzeitschrift mit dem Namen „Schaubühne“ gegründet, hatten sich zum politisch-literarischen Wochenblatt gemausert und erschienen seit 1918 unter dem Titel „Die Weltbühne“. Unter Carl von Ossietzkys Leitung geriet die Zeitschrift, zu deren ständigen Mitarbeitern Schriftsteller wie Kurt Tucholsky, Else Lasker-Schüler, Lion Feuchtwanger und Erich Kästner zählten, ihrer militärkritischen Haltung wegen mehrfach in Konflikt mit der konservativen Justiz …

Den kompletten Artikel von Dieter Heinrich finden Sie in der aktuellen DBZ 21/2014, die seit gestern im Bahnhofsbuchhandel erhältlich ist. Abonnementen haben Sie natürlich bereits.

 


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Authored by: Udo Angerstein

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