Praxistipp: Auf Spurensuche

Praxistipp: Auf Spurensuche

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Bund: 112 II Bundestag mit Plattenfehler, postfrisch, kleiner Fingerabdruck, 45 Euro unverkauft.

Die Erläuterungen und philatelistischen Bestimmungen des Bundes Philatelistischer Prüfer (BPP) definieren unter Punkt 5.1.: „Der Begriff ,postfrisch‘ ist eine Zustandsbezeichnung, die sich ausschließlich auf die Gummie­rung bezieht (Marken, die ohne Gummi verausgabt wurden, können, müssen aber nicht als ,postfrisch‘ bezeichnet werden).

Als postfrisch mit Originalgummierung (kurz ,postfrisch‘) gelten nicht entwertete Marken, deren Gummierung nicht verändert wurde und dem Originalzustand unter Berücksichtigung eines natürlichen Alterungsprozesses entspricht. Geringe Finger- oder Griffspuren beeinträchtigen in der Regel diesen Zustand nicht“ (Begriffslexikon der Philatelie des BPP).

In der Praxis des Marktgeschehens sind nicht alle Sammler so tolerant. Manche nehmen Fingerabdrücke ohne Beanstandung hin, doch eine beträchtliche Zahl hält sie für einen berechtigten Grund zur Reklamation. Ob und wie sehr sich der Wert einer Marke reduziert, wenn sie Fingerabdrücke aufweist, darüber diskutieren Sammler schon seit Jahren in Internetforen.

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Rabatte zwischen zehn und 20 Prozent sind bei Standardsorten mit deutlichen Fingerabdrücken kaum ausreichend, um Käufer zu locken. 25 bis 40 Prozent billiger erscheint als ein fairer Mittelwert. Nach Meinung von besonders kritischen Stimmen sollen derartige Stücke sogar 50 bis 70 Prozent tiefer anzusetzen sein.

Wenn bei einem kompletten postfrischen Satz nur eine günstige Sorte betroffen ist, fällt das kaum ins Gewicht. Doch handelt es sich um einen Höchstwert, ist nicht zuviel Toleranz angebracht. Im Verkaufsfall wird man spürbar weniger erzielen als für eine makellose Serie, im schlimmsten Fall um das Niveau von gefalzter Erhaltung. Festgestellte Fingerabdrücke werden in etlichen Attesten gesondert erwähnt.

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Besonders aufpassen sollte man bei Sorten mit metallischen Druckfarben, in Gold-, Silber- und Kupfertönungen. Hier kann schon eine leichte Berührung Abdrucke hinterlassen, die sich nicht mehr entfernen lassen. Große Verluste kann das Falten und Zertrennen von Einheiten und Zusammendrucken bringen.

Ein Beispiel, bei dem der Michel-Katalog ausdrücklich in einer Fußnote darauf verweist, ist der teuer gewordene Satz MiNr. 966 bis 976 aus der Volksrepublik China vom April 1967. Zehn von Mao aufgestellte Thesen sind mit goldenen chinesischen Schriftzeichen und Rahmen auf Rottöne gedruckt worden, in zwei Fünferstreifen jeweils waagerecht im Bogen zusammenhängend. Dazu heißt es: „Der Golddruck ist empfindlich. Die Preise gelten für Marken ohne Fingerabdrücke.“

Für die zwei Fünferstreifen MiNr. 967 bis 971 und 972 bis 976 in ungefalteter Bestqualität gelten postfrisch 6000, gestempelt 2000 Michel-Euro. Der Einzelwert ohne Goldfarbe, Mao Zedong auf MiNr. 966, steht nur bei 60 / 50 Euro.

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Fingerabdruck in Markenfarbe rückseitig auf Eckrandstück von ­Allenstein – hat sich der Drucker persönlich verewigt (von Poblocki)?

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Es findet sich aber auch eine ganze Reihe von Beispielen in der Philatelie, bei denen Fingerabdrücke interessante und sammelwürdige Extras darstellen. Der Nürnberger Fachhändler Uwe von Poblocki offeriert ein linkes oberes Eckrandstück der unverausgabten Germania-Freimarke Allensteins von 1920 zu 30 Pfennig blau, MiNr. V DZ mit dreizeiligem Aufdruck. Am linken Rand erscheint als Druckerzeichen „Anlage“, auf der Rückseite ein Fingerabdruck in der Markenfarbe. Er stammt möglicherweise vom Drucker persönlich aus der Produktionsphase der Urmarken.

Druckproben und Phasendrucke von Postwertzeichen der Vereinten Nationen wurden über Jahrzehnte auf der Rückseite mit dicken Fingerabdrücken gekennzeichnet. Das sollte wohl einst den unberechtigten Verkauf auf dem Sammlermarkt erschweren, wird aber heute eher als Echtheitsmerkmal betrachtet.

Ein eBay-Angebot präsentierte eine quadratische 1-Cent-Marke von 1869 (Scott 112), die mit zwei Fingerabdrücken entwertet wurde, wohl wegen Fehlens eines Poststempels. Selbst die Fingerspuren des legendären „Meisterfälschers“ Jean de Sperati sind zum Sammelobjekt geworden. Zu finden waren sie in einem einmaligen Archiv-Bestand mit Arbeitsunterlagen des genialen französischen Reproduzenten zu klassischen Schweiz-Ausgaben.

Unter den gut 300 Objekten einige Versuche zu den Druckfarben der Zürich-4-/6-Rappen in Schwarz-Grautönen, durch eingefärbte Finger erstellt. Auch Entwertungsproben mit handschriftlichen Notizen und seinen Fingerabdrücken tauchten hier auf, mit denen er die Wirkung der rostroten Stempel imitierte (David Feldman, Schätzwert 75000 Euro).

Autor: Michael Burzan

 

 

Weitere Teile dieser Serie finden Sie hier:
Teil 1: Anfassen erlaubt!?
Teil 2: Auf Spurensuche
Teil 3: Für Daktyloskopen
Teil 4: Als Signaturen


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Authored by: BMS-Redaktion

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