Heinrich von Stephans Ruhmeshalle der Post

Heinrich von Stephans Ruhmeshalle der Post

Bereits 1872 hatte Heinrich von Stephan verfügt, im neuen Generalpostamt im Herzen Berlins Räume für ein „Museum zur Sammlung und Ausstellung von Gegenständen des Postdienstes“ bereit zu halten. Umbau und Erweiterung des monumentalen Gebäudes zum weltweit ersten Postmuseum erfolgten 1893/97.

Von Stephan hatte genaue Vorstellungen davon, was das Museum beherbergen sollte: „Zur Darstellung der postalischen Transportaufgaben sollen Briefkästen, Briefbeutel, Postbotentaschen, Kursuhren und Wertgelasse sowie Modelle von Postwagen, Bahnposteinrichtungen und Postdampfschiffen gesammelt werden.“ Er beauftragte ferner „die Beschaffung aller Ausrüstungsgegenstände einer Feldpostexpedition und eines Feldpostrelais, die Fahrzeuge als Modell“. Hinzu kamen für Studienzwecke künftiger Verkehrsbeamten u. a. Schriftträger, Schreibgeräte und verkehrsgeschichtliche Dokumente, ferner eine Postwertzeichensammlung (sie umfasste 1939 rd. 70.000 Briefmarken und Ganzsachen) und im Rahmen einer umfangreichen Telegrafen-, Fernsprech- und Funksammlung neben historischen Telegrafenapparaten auch die Versuchsapparate von Philipp Reis und die Telefone von Alexander Graham Bell. Prestigeorientiert stellte die Dauerausstellung die im Kaiserreich erlangte Modernisierung, Normierung und Technisierung der Post heraus und veranschaulichte „das Verkehrswesen im geschichtlichen Werdegang und im Zusammenhang mit der allgemeinen Culturentwicklung“. Ein riesiger Schatz an Original-Schaustücken aus aller Herren Länder führte die Entwicklung und den Fortschritt „vom Niederen zum Höheren“ vor Augen und hob die führende Rolle der Reichspost als „Höhepunkt der postgeschichtlichen Entwicklung“ hervor.

Die feierliche Einweihung seines Museums Anfang 1898 vor genau 125 Jahren hat von Stephan nicht mehr erlebt: er starb wenige Monate zuvor. – Die wöchentlich erscheinende Deutsche Verkehrs-Zeitung, deren Leserschaft vornehmlich Post- und Bahnbeamte waren, präsentierte 1898 in zehn Folgen Eine Wanderung durch das Postmuseum. Diese Artikelserie hat der Herausgeber unverändert übernommen und lediglich durch einige wenige Anmerkungen und Kapitelüberschriften aufbereitet. Sein wesentliches Verdienst ist die Bereicherung des Textes durch eine gelungene Auswahl höchst illustrativer Abbildungen, die in der ursprünglichen Fassung nicht enthalten waren. Die Stiche und die zwischen 1898 und 1939 aufgenommenen Fotos, von Didczuneit sachkundig und ausführlich kommentiert, stammen aus den Beständen der Museumsstiftung Post und Telekommunikation.

Auf diese Weise rekonstruiert die Publikation „die damalige museale Präsentation“ und erlaubt den Lesern von heute „gedanklich und bildlich einen Rundgang durch das Reichspostmuseum“. Er ist auch heute noch lohnend und vermittelt zudem einen nachhaltigen Eindruck davon, wie stark sich die Ausstellungspraxis in den vergangenen hundert Jahren verändert hat – von überladenen Wänden und vollgestopften Vitrinen, wo kein Fleckchen frei bleiben durfte, hin zu räumlich großzügiger Hervorhebung besonderer Objekte und zu interaktiven Modellen!

Didczuneit, Veit (Hsgb.), Das Reichspostmuseum. Ein Ausstellungsrundgang mit der Deutschen Verkehrs-Zeitung durch die Ruhmeshalle der Post. Format 23,5 x 18 cm, 212 Seiten, farbige 300 Abb., Softcover mit Klebebindung. Brandenburg an der Havel 2023. Preis 24 Euro + 3 Euro Porto. ISBN 978-3-00-072703-0. Bezug beim Autor: veit.didczuneit@gmx.de.

Rainer von Scharpen

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Authored by: redaktiondbz

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