Postalischer Geldverkehr in Deutschland
Der Autor bedarf eigentlich keiner Vorstellung mehr. Seit den 1920-30er Jahren, als im Berliner Ganzsachen-Sammlerverein international renommierte Koryphäen wie Carl Lindenberg, Siegfried Ascher und Franz Kalckhoff tätig waren, hat sich niemand mehr mit den deutschen Ganzsachen so umfassend, vielseitig und in die Tiefe gehend befasst wie Hanspeter Frech. In jedem seiner Werke mit originellen Forschungsansätzen verbindet er die katalogmäßige Darstellung der Materie mit einem detailreich und lebendig dargestellten Aspekt der Postgeschichte. Seine jüngste Veröffentlichung macht da keine Ausnahme. Nach eigenem Bekunden „mit großer Wahrscheinlichkeit zum letzten Mal“ habe er „die Ergebnisse meiner Sammel- und Forschungstätigkeiten in einem Buch zusammengefasst.“
Im Fokus steht diesmal der postalische deutsche Geldverkehr in jedweder Form. Deutschland kommt das Verdienst zu, auf dem Gründungskongress der UPU in Bern 1874 einen geregelten zwischenstaatlichen Postanweisungsverkehr angestrebt zu haben. Für die erforderlichen Vordrucke wurde schließlich auf dem Postkongress in Wien 1891 eine einheitliche Kartenform gefunden.
Üppige Ausstattung
In seiner anschaulichen allgemeinen Einführung in das Werk geht Frech der Frage nach: „Wie kam damals eine Geldsumme aus dem einen Ort in den anderen?“ Er erläutert Geldsorten und Währungsverhältnisse – seinerzeit kursierten in Deutschland zeitgleich acht verschiedene Währungen, die untereinander umgerechnet werden mussten – und beleuchtet Fahrpost und Briefpost. Für jeden Staat gibt es zudem einen gesonderten Abriss zur Geschichte der Geldübermittlung.
Frechs Augenmerk richtet sich vor allem auf die kaum systematisch erforschten Formulare ohne Wertstempel. Er behandelt daneben natürlich ebenfalls die in den Katalogen verzeichneten Postanweisungs-Ganzsachen. Auch Aufgabescheine bezieht er textlich und bildlich in seine Ausführungen ein. So erstellt er, basierend auf einem gründlichen Studium der verstreuten einschlägigen Verfügungen, das erste allumfassende Werk über die deutschen Postanweisungen. Nicht fehlen dürfen darin selbstverständlich die oftmals nur mühsam zu beschaffenden Gebührenübersichten, die besonders für Bayern und Württemberg sehr ausführlich ausfallen.
Das Werk ist mit mehr als 1700 farbigen Abbildungen sehr üppig ausgestattet, u.a.– grandios! – mit gebrauchten Postanweisungen. Braunschweig ausgenommen, gibt es davon „pro Staat i.d.R. gerade mal ein bis zwei Handvoll“. Eigentlich hätten sie nämlich zwecks späterer Vernichtung an die Post zurückgegeben werden müssen. Und da wir schon bei den Raritäten sind: sogar mit fast unbekannten Formularen aus Bremen, Lübeck, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg und sensationell aus Bergedorf kann der Autor aufwarten. Selbst Probedrucke präsentiert er in stattlicher Zahl: 93 (!) Exemplare für Hannover, 3 für Sachsen, 46 für Württemberg und 8 für die Deutsche Reichspost. So die Stücke nicht aus der eigenen Sammlung stammen, was zumeist der Fall ist, wird die (Auktions-)Quelle genau angegeben.
Standardreferenz
Akribie ist Frechs Markenzeichen. Dies gilt gleichermaßen für Qualität und Umfang seiner Recherche (knapp vier Seiten Quellenangaben), die Legenden zu den abgebildeten Belegen und die Systematik der Darstellung insgesamt. Schlagender Beweis: Seine Ausführungen zu den Postanweisungs-Formularen und -Ganzsachen von Bayern und Württemberg allein haben mit 78 bzw. 126 Seiten den Umfang von zwei Handbüchern. Hilfreich für den Sammler dürften die Bewertungshinweise am Schluss sein: Frech äußert sich zur Seltenheit einzelner Gebiete bzw. Belege und gibt mit aller Vorsicht realistische Preisspannen an. – Hervorgehoben werden soll auch die durchgängig klare, verständliche Sprache.
Dem inhaltlichen hohen Standard des Werks steht die technische Ausführung in keiner Weise nach: fester Einband mit Fadenheftung, mattes 90 g Papier, ansprechendes Layout, saubere hochauflösende Abbildungen in angemessener Vergrößerung. Die Inhaltsübersicht hätte vielleicht besser am Anfang Platz gefunden. – Das Buch erfüllt alle Voraussetzungen, für lange Zeit die Standardreferenz für das Sammelgebiet des postalischen Geldverkehrs in Deutschland zu sein. Es füllt eine wichtige Lücke!
Frech, Hanspeter, Die Postanweisungen der altdeutschen Staaten und der Deutschen Reichspost. Ganzsachen und Formulare (und etwas Geld). Format 30,5 x 21,5 cm, 440 Seiten, mehr als 1700 farbige Abb., Hardcover mit Fadenbindung. Hausach: Selbstverlag 2024. Preis: 86 € zuzüglich Versandkosten. Bezug beim Autor: Hanspeter Frech, Am Hinterhof 30, 77756 Hausach. – HPFrech@web.de.
Rainer von Scharpen
Titelabbildung: Braunschweigische Dienstpostanweisung, privat verwendet mit 2 Gr. Gebühr (MiNr. 19) von Stadtoldendorf nach Holzminden.
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